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Uhr. Der Wecker ist gestellt. Somit kann nichts mehr schiefgehen. Oder doch erst für 6h? Nein. Ich bleibe dabei. Schließlich freue ich mich schon sehr auf den Sonnenaufgang.

Auf jeden einzelnen Moment der Beobachtung, wie sich die zu Ende gehende Nacht mit ihrem Schwarz-Grau verabschiedet und sich in den neu beginnenden Tag mit seinem anfänglichen Orange-Rosa verwandelt.

Die Wahrnehmung, wie sich zur absoluten Stille

nach und nach immer mehr Geräusche gesellen. Tiere und Menschen erfüllen die lautlose Luft mit zunehmender Lebendigkeit. Atemberaubend, diesen Wandel, diese Entwicklung mit all meinen Sinnen zu genießen.

Langsam aber kontinuierlich wird mein Herz schwerer

Mir ist klar – der Moment ist gekommen. Erinnerungen, Trauer, Bedauern aber auch Dankbarkeit vermischen sich untrennbar zu einer intensiven Empfindung. Ich könnte noch warten. Ich könnte es sogar auf morgen verschieben, doch der Sinn dahinter wäre mehr als fraglich.

Es muss sein. Ich habe es versprochen

Mit respektvoller Achtsamkeit breche ich eine kleine Orchidee von dem wunderschönen Gewächs und binde sie mit einem Grashalm an den Schlüssel. Sieht bezaubernd aus und gibt dieser kleinen, sehr persönlichen Zeremonie einen noch festlicheren Rahmen.

Mein Herz klopft, mein Atem wird schwer

Die aufgehende Sonne zeigt sich gerade in so herrlichen Farben und in einem ganz besonderen Licht. Der passende Moment, mit ein paar Schritten den Holzsteg zu erreichen, der in den Bentota Fluss hinein ragt. Diese Stelle habe ich intuitiv ausgesucht, um diesen besonderen Schlüssel dem Gewässer zu übergeben.

Der Bentota Fluss liegt spiegelglatt vor mir

In dem Moment der Schlüssel die Wasseroberfläche berührt und in der Tiefe auf ewig verschwindet, bildet sich ein zunächst kleiner Kreis, der sich immer mehr und mehr vergrößert. Wunderschön zu beobachten, wie diese Weite mit Leichtigkeit von selbst entsteht.

Nun bin ich der Bitte meiner Freundin und der Sehnsucht ihres verstorbenen Vaters,

ein Schlosser und Metallschmied mit Leib und Seele, nachgekommen. In seinem leider viel zu kurzen und arbeitsreichen Leben hat er sich seinen Traum nach Sri Lanka zu reisen nie erfüllt.

In diesem Sinne hat sich jetzt stellvertretend der Schlüssel auf seine letzte Reise begeben.