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ist ein weiterer wunderschöner Tag, an dem bereits am frühen Morgen die Sonne vom Himmel lacht.

Ich habe frei, kein Ausflug mit Gästen steht am Programm, und auch ich habe nichts geplant. So kommt mir Ranil`s Frage, ob ich mit ihm einen Ausflug machen möchte, gerade recht.

Wir fahren mit seinem TukTuk quer feldein.

Ich könnte auch sagen, wir lassen uns vom Verlauf des einzigen Weges leiten, der durch diese ziemlich einsame, wunderschön naturbelassene Gegend führt. Vorbei an Gewässern, die üppig von Seerosen bewachsen sind. Man nennt diese Gegenden auf Sri Lanka allerorts „battle field“ = ein Stück Natur pur, unbewohnt und nur auf einer recht schmalen Straße passierbar.

Irgendwann verbreitet sich der Weg zu einer zweispurigen Straße und schon tauchen wieder die ersten Häuser auf, zwischen denen sich Menschen und Radfahrer tummeln.

In den ländlichen Teilen Sri Lanka`s ist man tatsächlich fernab von Trubel und Hektik,

doch ein gewisses Maß an Bewegung und Geschäftigkeit kann man dennoch beobachten. Plötzlich fragt mich Ranil, ob ich Lust hätte, mit einer Fähre zu fahren. Denn auf der anderen Seite des Flusses möchte er mir etwas zeigen.

Ich liebe Abenteuer und Überraschungen sowieso! Somit alles klar ?? ! Schon öfters bin ich mit einer Fähre gefahren. Mit größeren und kleineren.

Noch nie aber mit einer, auf der die Passagiere die Fähre per manuellem Ziehen am Seil quasi selbst in Bewegung bringen und „übersetzen“ müssen.

Video by H. H. Joost

Für die Singhalesen Normalität, für mich etwas Einzigartiges.

Wieder eines von diesen Erlebnissen, die mich auf Sri Lanka stets aufs Neue begeistern. Für zB meine Heimat Österreich wäre dies undenkbar, weil vor allem unzählige Sicherheitsaspekte dagegen sprechen würden. Auf Sri Lanka denkt man pragmatisch und praktisch ??.

Drüben angekommen macht mich Ranil auf ein altes, verwachsenes Häuschen aufmerksam,

dessen Steine fast rundum von Moos bewachsen grün schimmern. Nach seiner Erklärung ist das ein heute nicht mehr benütztes Wartehäuschen für den „Aufseher“, der sich darin zurück gezogen hat, bis die Fähre wieder Halt auf seiner Uferseite macht.

Unser TukTuk verlässt das „Schiff“

und wir setzen unseren Ausflug nun wieder am Landweg fort. Dieser führt uns durch die so üppig grüne Natur, vorbei an kleinen Pagoden und Häusern, in deren Gärten sich nur wenige Menschen zeigen. So, als sollte die beinahe heilig anmutende Stille durch Nichts und Niemanden gestört werden. Ein Blick in Ranil`s Gesicht, der grinsend hinter seinem TukTuk-Lenker sitzt, verrät mir, dass er irgendetwas im Schilde führt. Beinahe im selben Augenblick biegt Ranil schwungvoll und zugleich zielsicher in die scharfe Rechtskurve, sodass unser 3rädriges Vehikel in ziemliche Schieflage gerät. Wäre ich keine solch begeisterte und routinierte TukTuk Beifahrerin, hätte ich`s möglicherweise etwas mit der Angst zu tun bekommen können, aber so…. ?! Alles gut!

Wir halten vor einer kleinen Batikfabrik,

deren Besuch mir Ranil schon länger versprochen hat. Mich fasziniert es, künstlerisch begabten Menschen über ihre Schulter sehen und sie bei ihren kreativen Tätigkeiten beobachten zu dürfen.

Batik (javanisch = „mit Wachs schreiben) ist ein ursprünglich aus Indonesien stammendes Textilfärbeverfahren, bei dem Muster und Verzierungen in Handarbeit mit flüssigem Wachs auf das Gewebe (meist Baumwolle oder Seide) gezeichnet und somit abgedeckt werden. Beim darauffolgenden Färben des Stoffes bleibt so die unter dem Wachs liegende Stofffarbe beibehalten.

Traditionell waren Kleider aus Batik-Stoffen der Gesellschaft der Oberschicht, insbesondere dem Adel vorbehalten.

Erst 1940 wurde die Batik für alles Gesellschaftsschichten frei gegeben. Bestimmte Muster aber werden selbst heute noch nur bei speziellen Anlässen (wie zB Hochzeiten) getragen. „Indonesische Batik“ wurde am 30.9.2009 von der UNESCO auf die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit gesetzt.

Begeistert von dieser sehr aufwendigen Technik

gehe ich Schritt für Schritt zu den einzelnen Stationen, wo die verschiedenen Arbeitsprozesse durchgeführt werden. Derer sind es einige, bis der fertige Stoff zum Trocknen in der Sonne auf der Leine hängt.

So wird zB nach den unterschiedlichen Färbe-Durchgängen mit großer körperlicher Anstrengung das Wachs immer wieder in einem sehr heißen, dampfenden Wasserkessel ausgewaschen. Allein im Vorbeigehen waren für mich die Hitze und feuchte Luft fast unerträglich.

Natürlich waren mir bis zu diesem Zeitpunkt Batik Stoffe ein Begriff und ungefähr wusste ich auch, wie diese hergestellt werden. Doch niemals habe ich mir Gedanken darüber gemacht, wieviel Geduld, Können und Kraftaufwand hier tatsächlich dahinter stecken.

Tief beeindruckt steige ich wieder ins TukTuk.

Ab sofort werde ich Batik Stoffe bestimmt mit ganz anderen Augen betrachten und wertschätzen. Ein Blick auf die Uhr bestätigt mein Gefühl, dass die Sonne bald untergehen wird.

Ranil kommt meiner Bitte gerne nach, am Heimweg noch am nahegelegenen Strand anzuhalten, ehe wir zurück in unser Hotel fahren. Wow! Welch ein Sonnenuntergang! Der Tag verabschiedet sich von mir in wunderschöner Farbenpracht.

Ein Tag, an dem ich ein weiteres Mal erfahren und hautnah miterleben durfte,

mit wieviel Hingabe aber auch unter welch anstrengenden Bedingungen Menschen Dinge kreieren, die oftmals so wenig Beachtung, Anerkennung und Wertschätzung bekommen.

Ein Beispiel stellvertretend dafür, unseren Geist zu öffnen und Blicke auch hinter das Offensichtliche zu werfen. Sich manchmal Fragen zu stellen wie „Was steckt dahinter?“ – „Welche Aspekte sind darin noch enthalten?“ – „Was hat sich der Andere dabei gedacht?“ – „Wie wäre es, würde ich mir für einige Zeit die Schuhe meines Mitmenschen anziehen?“

Kandevihara Tempel innen
Kandevihara Tempel